Für Pfingsten 2025 ist in Chemnitz eine Zusammenarbeit zwischen der Sächsischen Mozartgesellschaft und dem KonzertinaNetz-Treffen geplant, um den
etwas in Vergessenheit geratenen Erfinder der Konzertina, Carl Friedrich Uhlig, wieder ins lokal Bewusstsein zu rufen. Bei dieser Gelegenheit
werden wir natürlich zu Ehren der Gastgeber ein Stück von Mozart spielen, und da kommt für uns Folkies eigentlich nur eines in Frage:
Köchelverzeichnis 536: Zwölf Deutsche Tänze (1788), das Trio zum zweiten Tanz.
Warum? Hier kommt Michael Turner (1796-1885) ins Spiel: Der
englische Geiger und Kirchenmusiker aus Sussex hinterließ ein Notenmanuskript mit südenglischen Tanznoten, darunter ein namenloser Walzer
mit der Nummer 105. Die Melodie machte unter "Michael Turner's Waltz" als englischer Tune Karriere und ist in vielen Notensammlungen zu finden.
Bis 2003 Paul Davenport im "English Dance and Song Magazine" den Ursprung dieser Melodie enthüllte: Es ist tatsächlich Wolfgang Amadeus
Mozart. Bis auf wenige Noten ist Michael Turner's Waltz mit dem Trio aus dem zweiten deutschen Tanz Mozarts identisch.
Mozart: Zwölf Deutsche Tänze Trio zum zweiten Tanz (S. 50)
Turner: Michael Turner's Waltz (die 2. Version ist mit Turners identisch)
Sehens- und hörenswert ein youtube-Ausschnitt aus dem Jane-Austin-Film Emma mit dem Michael-Turner's-Waltz, gespielt von einem
Streichquartett: Michael Turner's
Zur Tabulatur:
Melodie: Ich habe mich bei den Noten an Mozart gehalten. Mozart und Turner unterscheiden sich im zweiten Takt. Ich habe die beiden
unterschiedlichen Anfänge am unteren Notenblattrand notiert, zusammen mit einer dritten Kompromisslösung für Deutsche Konzertina, die den Sprung auf
die linke Konzertinaseite vermeidet.
In Takt 12 und 14 hat Turner zwei Viertel, Mozart eine Halbe. Ich hab's mit Bindebogen notiert, da kann sich jede(r) raussuchen, was gefällt.
Tonart: Das Stück ist fast ausschließlich in G-Dur überliefert. Ich habe es trotzdem nach C-Dur transponiert. Warum?
In G-Dur (vergleiche die oben verlinkte Fassung) stehen im letzten Drittel des dritten Taktes zwei Achtel, und zwar
gerade G (D4) und F# (Z5), die wegen der harmonischen Akkordbildung vertauscht sind.
(Wenn man das Zug-Druck-Schema logisch weiterführt, müsste nach E (Z4) das F# auf D4 und das G auf Z5 kommen.)
Im 4. Takt kommen 2 Viertelnoten E, zusammen mit einem C-Dur-Akkord. Also müsste ich auf die C-Reihe wechseln: Nur hier habe ich C-Dur
und das E im Druck (D5). Und anschließend geht es gleich wieder zurück auf die G-Reihe für das hohe G.
Würde ich in dem Takt auf der G-Reihe bleiben, hätte ich zwar auch das E, aber im Zug (Z4), und dazu gibt es kein C-Dur, bestenfalls
A-Moll oder einen Quinten-Zweiklang.
Last but not least: Im ersten Teil sind in G-Dur alle Viertelnoten im Druck, von den 8tel jede zweite. Man braucht einen langen Balg
und noch längere Arme, oder muss zwei- bis dreimal Luft holen.
Alles ein wenig kompliziert oder harmonisch unbefriedigend.
Das geht unkomplizierter, wenn man nach C-Dur transponiert:
Man wechselt am Ende des 3. Taktes auf die G-Reihe, spielt in dem Bereich, in dem die Töne regelmäßig angeordet sind, und hat gleichzeitig
einen vollen (reihenübergreifenden) F-Dur Akkord im Zug zum Luftholen. Auf der G-Reihe kann man die ganze Phrase über bleiben. Die Rückkehr zur C-Reihe erfolgt
am Anfang des 5. Taktes (G auf D3), oder erst mit dem Auftakt zur nächsten Phrase, so habe ich es notiert.
Das Ganze wiederholt sich ab Ende des 14. Takts.
Zur Begleitung:
In 11 von 16 Takten besteht der Takt aus zwei Viertelnoten (Bindebogen mitgezählt), gefolgt von einem 8tel-Paar, das eindeutig Auftakt-Charakter
für den folgenden Takt hat. Auftakte werden oft ohne Begleitung gespielt, um sie hervorzuheben. Der erste Taktschlag danach hat dann mehr Wumms, wenn
die Begleitung wieder einsetzt.
Daran habe ich die Begleitung orientiert. Also nicht: Bass - Nachschlag - Nachschlag, sondern Bass - Nachschlag - nix, oder Bass - Nachschlag - (Bass).
Ähnlich bin ich beim Vetter Michel vorgegangen, dort im 4/4-Takt: Bass - Nachschlag - Nachschlag - nix.